Samstag, 29. November 2014

Der Tod eines Guru (1) - Der schweigende Vater




Das Buch hier beginnt mit einem Rückblick in die Kindheit von Rabindranath R.Maharay. Und zwar mit Erinnerung an seinen schweigenden Vater, einen bekannten Yogi. Wenige Tage nach der Geburt seines Sohnes hatte der nämlich ein Gelübde getätigt und sich ganz dem spirituellen Leben gewidmet: Im Lotussitz auf einem Brett, das auch sein Bett war, verbrachte er die Tage in Meditation oder mit Lesen der (hinduistischen) heiligen Schriften 

Für uns europäisch geprägten Menschen ist eine solche Weltabgewandtheit sicherlich schwer nachvollziehbar. Was soll das bringen? Für einen gläubigen Hindu aber Leben alle Seelen immer wieder neu geboren, existiert ein unaufhörliches sich drehendes „Rad der Wiedergeburt“. Und diesem Rad kann man nur Entrinnen, wenn man mokscha, einen Zustand der Erleuchtung und Vollkommenheit erreicht. Dann geht man ins Nirwana, den Zustand ewiger Glückseligkeit, ein: Mein Vater war den Anweisungen Krishnas gefolgt und hatte alle Bindungen an Rang, Begierden und den ganzen materiellen Bereich aufgegeben
Natürlich genoss er unter gläubigen Hindus grosses Ansehen: Kein Wunder, dass die Leute voller Staunen aus nah und fern kamen, um ihn anzubeten. Für sie war er zum Gott geworden und auch im engeren Familienkreis wurde er als ein solcher behandelt: Gleich den Göttern im Andachtsraum tat er nichts um seinen Körper zu versorgen. Er war ein Gott, den man pflegen, waschen, speisen und kleiden musste

So sehr sich der kleine Rabin auch wünschte, ein kleines Zeichen des Wahrgenommenwerdens zu empfangen, ein kurzer Blick oder ein Wort, es geschah niemals. Sein Vater schaute ihn nie an und sprach kein einziges Wort … acht Jahre lang. Dann starb er plötzlich und unerwartet!

Fortsetzung folgt